Im Ringen um eine langfristig tragfähige Patientenversorgung müssen Kliniken, Hochschulen und Institutionen enger zusammenarbeiten. Austausch und Kooperation sind ein Schlüssel gegen fehlende Fachkräfte, Ärztemangel auf dem Land und zunehmenden Finanzdruck im Gesundheitswesen.
Mit der Krankenhausreform kommt den Uniklinika in Deutschland noch mehr Verantwortung zum Bilden und Führen von Netzwerken zu. Kooperationen in Klinikverbünden, aber auch mit einzelnen Häusern der Region sind essenziell, um die Herausforderungen der Zukunft anzugehen und Verantwortlichkeiten und Kapazitäten zu streuen. Das Universitätsklinikum Dresden und die Medizinische Fakultät an der TU Dresden kommen diesem Auftrag bereits auf vielfältige Weise nach – in Klinik, Forschung und Lehre. Netzwerke zur breiten Versorgung von Patientinnen und Patienten in der Region bestehen zum Beispiel in der Kinderintensivmedizin, bei der Parkinson- und Schlaganfallversorgung sowie in der Allgemein- und Viszeralchirurgie und in der Traumatologie, Orthopädie und Plastischen Chirurgie. Dabei steht vor allem eine Frage im Mittelpunkt: Wo kann der Patient oder die Patientin am besten behandelt werden? Wo stehen für den individuellen Fall die besten Ressourcen zur Verfügung?
Das Ziel: Hochkomplexe Eingriffe und Versorgungsstrukturen werden bei den Maximalversorgern gebündelt, während sich Häuser der Region auf bestimmte Routineeingriffe, Prävention und Nachsorge spezialisieren und entsprechendes Fachpersonal dafür bereithalten. Dies bedingt eine intensive Zusammenarbeit, den Willen zum Austausch von Wissen sowie die Bereitschaft aller, an der Aus- und Weiterbildung des Personals mitzuarbeiten.
Best Case: Neue Therapien nicht nur in der Krebstherapie
Das Zukunftscluster SaxoCell ist ein Zusammenschluss führender Forschungsinstitute und medizinischer Einrichtungen aus Sachsen, unter anderem aus Leipzig, Dresden und Chemnitz. Es bündelt insgesamt sieben Forschungsvorhaben und ein Managementprojekt zur Entwicklung neuartiger Gen- und Zelltherapeutika, sogenannter „lebender Arzneimittel“, die eine breitere Anwendung dieser komplexen Therapieform in verschiedenen Bereichen der Medizin ermöglichen. Allogene Therapieansätze und automatisierte Herstellungsprozesse sollen sozial verträgliche Kosten ermöglichen. Beim Transfer von innovativen Lösungen in die klinische Praxis sind bisher Partnerschaften mit Unternehmen in der Region und darüber hinaus sowie weiteren Forschungseinrichtungen aufgebaut worden. Diese werden sukzessive ausgebaut. Die Universitätsmedizin Dresden ist mit den Bereichen der Forschung und Patientenversorgung beteiligt. Ziel ist es, diese innovativen Ansätze durch automatisierte Herstellungsprozesse breiter verfügbar und sozial verträglich zu machen. SaxoCell steht exemplarisch für das Prinzip: Nicht jeder für sich, sondern alle zusammen für eine moderne Medizin.
Zukunftsprojekt: Synergien der Maximalversorger nutzen
Für eine langfristig tragfähige Patientenversorgung in Sachsen bündeln die Uniklinika Dresden und Leipzig sowie das Klinikum Chemnitz ihre Kräfte. Als Maximalversorger sind sie jeweils für die Regionen rund um ihre Standorte verantwortlich. Hier Synergien zu finden und Austausch auf Augenhöhe zu führen hat höchste Priorität. Ein Leuchtturmprojekt ist der Modellstudiengang Humanmedizin MEDiC – getragen von der Medizinischen Fakultät der TU Dresden und der Klinikum Chemnitz gGmbH. Im Herbst 2025 starten die ersten Studierenden in ihr Praktisches Jahr. Die Uniklinika Dresden und Leipzig bemühen sich zudem gemeinsam darum, für die Rolle und die notwendige Finanzierung der Universitätsmedizin auf politischer Landes- und Bundesebene zu sensibilisieren. Gemeinsame Forschungsvorhaben und politische Positionierungen unterstreichen: Die Zusammenarbeit ist strategisch gewollt und zukunftsweisend.
„Wir wollen Ansprechpartner für alle Krankenhäuser, die Gesundheitsversorger und die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen in der Region sein, denn die Herausforderungen in der Patientenversorgung können wir nur zusammen mit unseren Partnern meistern.“
Prof. Uwe Platzbecker, Medizinischer Vorstand Universitätsklinikum Dresden
Wo Netzwerke zusammenführen
Interdisziplinäres Zentrum für Intensivmedizin bündelt Expertise für Schwerstkranke
Gerade in der Intensivmedizin ist es wichtig, dass Expertise aus den verschiedenen medizinischen Bereichen gebündelt genutzt wird. Nur so ist es möglich, die hochkomplexen Fälle erfolgversprechend zu behandeln. Intensivpatientinnen und -patienten haben häufig multiple Erkrankungen, die unterschiedliche Fachkenntnisse erfordern, wie etwa in der Inneren Medizin und Chirurgie, Neurologie, Infektiologie oder Anästhesiologie.
Durch die Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen kann eine umfassende und individuelle Behandlung gewährleistet werden. Schnelle Entscheidungsfindung, komplexe Diagnostik und Therapie, mehr Sicherheit für lebensbedrohlich erkrankte Patientinnen und Patienten – all das sind gute Gründe für den engen Austausch der jeweiligen Expertinnen und Experten im Interdisziplinären Zentrum für Intensivmedizin (IZI) am Uniklinikum Dresden. Darüber hinaus ist das Zentrum Ansprechpartner für Kliniken in der Region Ostsachsen. Etabliert wurden diese Netzwerkstrukturen während der Covid-19-Pandemie, als das Uniklinikum Dresden als Krankenhausleitstelle die Verteilung der Intensivpatientinnen und -patienten mittels Kleeblatt-Modell verantwortete. Die Expertinnen und Experten des IZI stehen den Partnerkliniken nicht nur für telemedizinische Konsile zur Verfügung, sondern auch für Aus- und Weiterbildungen.
Kooperationen mit anderen Kliniken nutzen alle Ressourcen effektiv
Als starke Partner arbeiten das Uniklinikum Dresden und das Krankenhaus St. Joseph-Stift seit Januar 2024 im Bereich Plastische und Ästhetische Chirurgie zusammen. Das ärztliche Team der Abteilung für Plastische und Handchirurgie ist an beiden Dresdner Standorten im Einsatz, wovon Patientinnen und Patienten profitieren, mit denen die Expertinnen und Experten ein individuelles und maßgeschneidertes plastisch-rekonstruktives Therapiekonzept entwickeln. Insbesondere ergibt sich durch diese Kooperation eine direkte Zusammenarbeit mit dem Adipositaszentrum in Halle a. S. am Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara, so dass nun alle Rekonstruktionen des Körpers nach massiver Gewichtsreduktion in Dresden durchgeführt werden.
Dabei finden die Erstgespräche in der Hochschulambulanz der Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie am Uniklinikum statt. Die Operationen werden anschließend im St. Joseph-Stift durchgeführt. Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 405 Patientinnen und Patienten über diese Kooperation versorgt, 2025 werden es rund 500 sein. Weitere Kooperationsverträge gibt es mit dem unfallchirurgischen orthopädischen Bereich des Diakonissenkrankenhauses Dresden sowie mit den Asklepios-Kliniken in Radeberg und Hohwald. Mit den Fachkliniken Radeberg arbeitet das UKD in der Versorgung orthogeriatrischer Patientinnen und Patienten zusammen.
Kinder Tele-Intensivnetzwerk Sachsen
Das Kinder Tele-Intensivnetzwerk Sachsen (KIdS) stellt ein umfassendes Versorgungsnetz für kritisch kranke Kinder in der Region Mittel- und Ostsachsen bereit. Zwischen 2022 und 2024 wurde das Netzwerk nicht nur aufgebaut, sondern auch dessen Wirksamkeit evaluiert. Partnerkliniken wurden mittels Telemedizin angebunden und das Personal vor Ort entsprechend geschult. In Tele-Konsilen wurden Fälle schwer erkrankter Kinder und Jugendlicher besprochen. Dadurch konnte der Anteil an Kindern mit wohnortnahem Zugang zu kinderintensivmedizinischer Expertise in Sachsen auf das dreifache gesteigert werden.
Weiterhin wurde durch das eingeführte pädiatrische Intensivtransportteam eine Versorgungslücke geschlossen. Die Evaluation belegt, dass telemedizinische Konsile und pädiatrischer Intensivtransport in Notfallsituationen auch zur psychischen Entlastung der medizinischen Teams der Partnerkliniken beitragen. Nun gilt es diese Angebote langfristig zu etablieren und die Finanzierung entsprechend zu sichern.
Nationale und internationale Forschungsnetzwerke
Neben klinischer Versorgung engagiert sich die Hochschulmedizin Dresden aktiv in nationalen und internationalen Forschungsnetzwerken. Kooperationen mit renommierten außeruniversitären Einrichtungen wie dem Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik, dem Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf oder dem Leibniz-Institut für Polymerforschung stärken den Wissenschaftsstandort Dresden nachhaltig. Internationale Allianzen im Rahmen von Erasmus+, DAAD-Programmen oder strategischen Hochschulpartnerschaften eröffnen Studierenden und Forschenden vielfältige Perspektiven. Zugleich fördern lokale Public-Health-Initiativen und Gesundheitsnetzwerke – wie zum Beispiel das Forschungspraxennetz SaxoForN und das Versorgungsnetz Sichere Geburt – durch die enge Zusammenarbeit mit Pflege, Therapie und weiteren Gesundheitsberufen Prävention und Gesundheitskompetenz. Diese starke Vernetzung macht die Hochschulmedizin Dresden zu einem attraktiven Standort für medizinische Talente und internationale Partnerinstitutionen – mit dem Anspruch, Innovationen verantwortungsvoll in die Praxis zu bringen. Weitere Beispiele sind das DZKJ – Deutsches Zentrum für Kinder- und Jugendgesundheit und die Globale Plattform zur Prävention des Autoimmunen Diabetes (GPPAD).
Akteure in Sachsen zusammenbringen und vernetzen
Basis für starke Netzwerke und Kooperationen ist Vertrauen und Kommunikation auf Augenhöhe. Die Carus Consilium Sachsen (CCS) GmbH, eine Tochter des Universitätsklinikums Dresden, steht sinnbildlich dafür. Die Gesundheitsregion vereint Akteure der Krankenversorgung, der Krankenkassen, von Forschung, Wirtschaft, Politik und aus niedergelassenen Praxen. Sie ist ein Schlüssel für nachhaltige innovative Konzepte zur Sicherstellung und Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung, gerade auch in Regionen abseits der noch immer zumeist gut versorgten Ballungsräume. Für Forschungs- und Entwicklungsprojekte arbeiten die Mitarbeitenden auch mit Partnern in Europa zusammen. Der Partnerdialog ist das jährliche Netzwerktreffen, das Akteure zusammenbringt und Bühne für Austausch zu aktuellen Themen bietet.